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Interview mit Autor Frank Berzbach

Aktualisiert: 18. Dez. 2021

‚Das Geheimnis der Freiheit heißt Mut.‘


Das Zitat, das ich letztens las, trifft es auf den Punkt.


Was bedeutet eigentlich mutig sein? Das Sinnbild von Mut ist für mich die liebe Heike vom Waschatelier.


In einem 1 1/2 stündigen Telefonat haben wir uns ausgetauscht und sie hat mir von ihrer faszinierenden Lebensgeschichte berichtet, die sie in ihrer Mutreihe auf ihrem Blog veröffentlicht. In dieser kam auch das Buch von Frank Berzbach – „Die Kunst ein kreatives Leben zu führen“ vor. Am nächsten Tag bin ich in die Buchhandlung und hielt dieses recht schön gebundene Buch in den Händen. Knapp 30 Euro sollte es kosten. Ganz schön viel, war mein erster Gedanke und dennoch nahm ich es mit, um es keinen Tag später zu bereuen!


Ich war so begeistert von dem Buch, dass ich es in meinem Instagram-Feed erwähnen musste, ohne daran zu denken, mit dem Autor je in Kontakt zu treten.



Es war seine Idee, bei Bedarf, ihm Fragen zu stellen. Fragen stellen – das ist absolut meins – ich liebe es Menschen zuzuhören und mehr zu erfahren. Aus jedem besprochenen Satz, erhalten wir neue Gedankenanstöße. Und somit passte es auch ziemlich gut, dass ich bei Frank Berzbach´s Lesung in der Schanze zu seinem neuen Buch „Die Form der Schönheit“ vor kurzem war.


Aber zurück zu dem Buch „Die Kunst ein kreatives Leben zu führen“. Es ist ein Buch, das nicht nur für Künstler / Kreative geschrieben ist. Es ist ein Buch, das einlädt, sich mit seinem eigenen Leben zu beschäftigen und Anregungen zur Achtsamkeit gibt. Mir hat es sehr viele neue Wegweiser aufgezeigt und ein Zitat, das mir in dem Kopf bleibt lautet:


„Schöpferische Menschen geraten unter psychischen Druck, wenn sie dauerhaft in ihrer Kreativität beschränkt werden.“ Die Frage, die ich mir bei diesem so bedeutungsvollen Satz gestellt habe: ´Was soll die Lösung hierfür sein?´


Ich hatte weitere Frage an Frank Berzbach, zu seinem Buch, aber auch zu allgemeinen Fragen über das Schreiben, Hamburg & Medienkonsum. Auf all meine Fragen, fand er nachfolgend eine Antwort:


Als ich dich bei einer Lesung in Hamburg traf, sagtest du, Hamburg sei die Stadt, die dich am häufigsten bucht. Woran glaubst Du liegt es, dass die Hansestadt das Thema Psychologie/Achtsamkeit/Gesellschafts“Kritik“ so stark aufnimmt?


Das kann ich gar nicht sagen. Ich liebe Hamburg selbst sehr, vielleicht ist es die Gegenliebe? Inzwischen hat mich die Liebe auch hier noch mal anders verankert, meine Lebensgefährtin lebt auf St. Pauli. Ich arbeite und lebe halb hier. Aus der Mentalität kann ich die Zuneigung nur zum Teil ableiten. Aber in der Tat: es gibt hier sehr viele buddhistische Schulen, es gibt einen liberalen Geist und ich habe hier immer das Gefühl, zu Hause zu sein.


Du schreibst: „Der Materialist trägt Scheuklappen und sieht nur einen kleinen Ausschnitt der Welt, in der er gefangen bleibt. Kreative hingegen erweitern ihren Blick, sie schauen über den Tellerrand“ — Weil er vom Konsum und Status geprägt ist oder warum trägt der Materialist deines Erachtens Scheuklappen?


Es gibt zwei Gefahren: Nur das Materielle oder nur das Spirituelle zu sehen. Beides ist verkürzt. Wir brauchen die Vita Active und die Vita Kontemplativa, um es mit Hannah Arendt zu sagen. Beides ist aufeinander angewiesen. In der Tat kenne ich wenige reine Materialisten. Das ist eine radikale Haltung, aber sie gerät selbst an Grenzen. Mich interessieren Menschen, die vor allem über Konsum und Status nachdenken, nicht. Solche Menschen lesen keine Bücher, Zweifel ist ihnen fremd. Wenn man Phänomene wie Donald Trump betrachtet, fällt auf, dass die Anzahl dieser Leute größer zu werden scheint.


Ein fantastischer folgender Satz, der nur eine Frage im Anschluss aufwirft: …Um in einer solchen Welt gestalterisch tätig zu werden, dürfen wir uns selbst nicht so wichtig nehmen, sondern müssen zurücktreten hinter das, was wir tun. Erst wenn wir selbst zurücktreten, erscheint die Kreativität. Um das zu können, müssen wir uns eine große Selbstsicherheit erarbeiten. Kannst du das Wort zurücktreten genauer definieren – was ist damit genauer gemeint?


Es geht um das Werk, das Produkt, die tatsächliche Handlung — nicht um das Ego des Einzelnen. Man übt, braucht handwerkliche Kenntnisse, ganz egal, was man tut. Und wer sich damit beschäftigt, wird demütig. Man muss „zurücktreten“ von seinen narzisstischen Anteilen. Wir sind keine Götter, und sollten uns nicht mit ihnen verwechseln. Die großen Kreativen wissen, dass sie zwar Schöpfer sind, aber zugleich auch Anfänger bleiben. Ihr Geist bleibt wach.


Schöpferische Menschen geraten unter psychischen Druck, wenn sie dauerhaft in ihrer Kreativität beschränkt werden. Ist die Antwort „Kündigung“?


Das kommt drauf an. Innerlich kündigen wir schnell, wenn uns die Arbeit zu sehr quält. Ob wir tatsächlich kündigen, dass hängt von vielen Faktoren ab. Reicht das Geld? Trage ich Verantwortung? Klage ich auf zu hohem Niveau? Idealisiere ich Alternativen? Das sind schwierige Fragen, wir brauchen dazu den Rat von Freunden. Wenn die Gesundheit aber ernsthaft in Gefahr gerät, dann lieber kündigen. 


Welchen Mut erfordert es, ein Buch zu schreiben und vor allem woher kommt dieser Mut? Es ist ja ein langer Zeitraum, in dem das Buch geschrieben wird und sorgt zum Teil sicherlich für Existenzängste…?


Seine Kreativität völlig vom Geld abhängig zu machen, ist gefährlich. Ich habe eine halbe Stelle an der Hochschule, das ist zumindest die Grundsicherung. Das Schreiben kommt dann hinzu und nimmt die letzten Jahre immer mehr Raum ein. Ich schreibe gern, es ist mein Alltag. Und da ich wissen möchte, was andere zu meinen Gedanken sagen, veröffentliche ich Texte. Es ist wunderbar an einem Buch arbeiten zu dürfen, einen Autorenvertrag zu bekommen. Anstrengung ist es immer — aber was wäre nicht anstrengend? Ich arbeite sehr gern. Vor allem, wenn ich schreiben darf.


In einem Interview sagtest du zum Thema Digitalisierung / Beschleunigung Folgendes: „Wir schieben schnell die Dinge der Beschleunigung auf die Medien.  Dabei beschreibt Buddha bereits 500 Jahren vor Chr. den unruhigen Geist, die zerstreute Wahrnehmung… Also im Prinzip hat sich heute nicht viel verändert. Und dennoch scheint der Geist aufgrund des Medienkonsums doch unruhiger zu sein oder wie erklärst du dir den immens hohen Medienkonsum insbesondere bei den Kindern & Jugendlichen? Ein Abschalten scheint schier unmöglich, denn der gesellschaftliche Zwang etwas zu verpassen, kursiert nun zusätzlich in unseren Köpfen… 


Es gab immer Medienkonsum. Wenn jemand den ganzen Tag liest, dann konsumiert er auch. Die digitalen Medien haben eine große Sog- und Suchtwirkung; das kennt auch jeder Erwachsene. Die Leute hängen vor dem Fernseher, haben sogar einen im Schlafzimmer stehen. Das ist traurig! Jeder muss für sich selbst entscheiden und wir sind doch erstaunlich frei. Mit welchen Medien man sich umgibt, ist jedem frei gestellt. Ich habe 1992 meinen Fernseher verkauft. Die beste Entscheidung meines Lebens.


Weitere spannende Fragen, warum Teetrinken eine Kunstform ist oder ob das schlechte Gewissen nur Frauen plagt, lest ihr auf dem Blog von Heike Interview Heike .



Das Interview wurde Oktober 2018 aufgezeichnet.

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